Grass Restaurierung


Diplomarbeit/Kurzfassunggeschlossen, Verkündigungsszene, Vorzustand

© Diana Grass / Michael Bruckschlegel


UNTERSUCHUNG UND KONSERVIERUNG
DER FLÜGEL DES SPÄTGOTISCHEN MARIENALTARES AUS BUCHFART
unter Berücksichtigung technologischer Besonderheiten an Tafelmalerei und Fassung


Fachhochschule Erfurt / Fachbereich Restaurierung
Studienschwerpunkt: Bemalte Oberflächen und Ausstattung
14. Juli 1998
Fachbetreuung: Prof. Dipl. Rest. Dr. Sabine Maier / Dipl. Rest. Annette Bohrloch

Inhalt
1. ZIELSTELLUNG
2. DER MARIENALTAR
3. UNTERSUCHUNG
4. UNTERSUCHUNGSERGEBNISSE
5. MAßNAHMEKONZEPTION
6. DURCHGEFÜHRTE MAßNAHMEN
7. LITERATUR


1. ZIELSTELLUNG

Zu Beginn der restauratorischen Untersuchungen am Buchfarter Marienflügelaltar stand unter Anderem die Frage nach der Zugehörigkeit des Werkes zur Jenaer Werkstatt des Johann Linde. Es zeigte sich aber, daß über die Quellenforschung zu diesem Thema innerhalb der vorgegebenen restauratorischen Bearbeitungsfrist keine wissenschaftlich fundierten Aussagen gemacht werden konnten.
Im Rahmen der vorliegenden Diplomarbeit wurde deshalb darauf orientiert, die technologischen Aspekte der Altarkonstruktion, seiner Fassung und der Tafelmalereien näher zu beleuchten. Auf diese Weise soll die Grundlage für Vergleiche mit anderen, der Werkstatt Linde zugeschriebenen Werken geschaffen werden.
Der Umfang der Arbeiten machte es jedoch erforderlich, untersuchungstechnische Prioritäten zu setzen. So wurde das Hauptaugenmerk auf die Untersuchung der Wandelflügel, ihrer skulpturalen Ausstattung und der Tafelmalereien gerichtet. Besondere Schwerpunkte bildeten dabei die Infrarot- Reflektograpie, die UV-Fluoreszensphotographie sowie die stratigraphischen Untersuchungen.
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2. DER MARIENALTAR

geöffneter Altar, Maria mit Aposteln, VotzustandDie Werkstatt Linde
Die Werkstatt Johann Lindes stellt insofern eine Besonderheit dar, als der Meister sowohl als „Maler" wie auch als „Bildschnitzer" in den archivalischen Quellen des Jenaer Ratsarchives erwähnt wird (Retardata Bl. 7.- Ratsarchiv Jena.). Für die Werkstatt des Johann Linde gibt es von 1489 bis 1500 offenbar eine ganze Reihe von Aufträgen, welche meist aus der unmittelbaren Umgebung bzw. aus Jena selbst kamen (Weber: Eine Jenaer Altarwerkstatt am Ausgang des Mittelalters.- In: Beiträge zur thüringischen und hessischen Geschichte, Festschrift für Otto Doberecker.- Jena.-1929. S. 217.). Leider ist ein Großteil der Ausstattung der Jenaer Kirchen selbst nicht mehr erhalten und auch in den umliegenden Ortschaften gibt es nur wenige Zeugnisse, welche sich mit der Werkstatt in Zusammenhang bringen lassen (Rechnung der Altarleute der Sankt Johannis Kirche 1489/90 Blatt 146.).
Daß die Werkstatt nach 1502 (Weber 1929 (wie Anm. 4) bemerkt: in der Liste der rückständigen Zahler (Retardata) erscheint
Hans Lind der Bildschnitzer 1490 letztmalig. Im Schwörbuch von 1502 wird er nicht mehr
erwähnt.) von „Meister Hermann" aus Jena übernommen und weitergeführt wurde liegt nahe, läßt sich jedoch nicht belegen (Weber 1929 (wie Anm. 4) teilt mit, daß: „im Schwörbuch von 1502 ein Hense (Heinrich)
Lendenstreich und 1502 wie 1519 ein Hans Lendenstreich am Markte wohnhaft aufgeführt
werden, die einen Scheunengarten auf der Insel innehaben, wie vodem Meister Linde. Ein
Zusammenhang mit der Saalfelder Altarmalerfamilie dieses Namens, die dann etwar Lindes Erbe
übernommen hätte, wäre ja immerhin möglich. Die Lendenstreichs kommen in Jena seit dem 14.
Jahrhundert urkundlich vor.").


Der Marienflügelaltar
Der Buchfarter Marienflügelaltar gilt als das bedeutendste überlieferte Werk der Werkstatt Johann Lindes (Weber 1929 (wie Anm. 4) S.212). Er entstand 1492 (Rechnungsbücher der Buchfarter Kirche.- In: Weber 1929 (wie Anm. 4) S. 210) unter finanzieller Beteiligung der Gemeinden Legefeld, Possendorf, Vollersrode, Saalborn, Mellingen und Öttern und kostete 27 Rheinische Gulden. Die genannten Gemeinden sind samt der, von ihnen zur Verfügung gestellten Summen, auf der Rückseite des Mittelschreines verzeichnet.


Weitere Werke der Werkstatt

Als Werke seiner Werkstatt werden drei Figuren eines ehemaligen Marienschreines in Niedergrunstedt verzeichnet (Weber 1929 (wie Anm. 4) S. 215; auch erwähnt - In: Mittelalterliche Bildwerke aus thüringer Dorfkirchen.- Dresden.- 1955, S.21 dazu fortfahrend: „Der Schnitzer kam aus Saalfeld und brachte die Werkstattkenntnisse der Altäre von Gorndorf und Großkochberg mit. Die Köpfe aus Gorndorf und Niedergrunstedt besitzen soviel Ähnlichkeit, daß sie als Arbeiten derselben Hand gelten können. Daß der Niedergrunstedter Kopf ursprünglicher und qualitätvoller erscheint, liegt an seinem Erhaltungszustand; er ist von entstellender Restaurierung verschont geblieben."). Fünf Figuren eines ähnlichen Schreines sollen sich in Lippersdorf erhalten haben (Weber 1929 (wie Anm. 10). S. 216). In der Buchfarter Kirche selbst befindet sich noch ein lebensgroßer Kruzifixus, welcher urkundlich von Johann Linde gefertigt wurde (Weber 1929 (wie Anm. 4). S. 214). Zwei Kruzifixe, die die Werkstatt für die St. Johannis Kirche in Jena schuf sind nicht mehr erhalten, ebenso ein Baldachin für die Monstranz dieser Kirche (Rechnungsbücher der Sankt Johannis Kirche (wie Anm. 7), Bl. 154).

Aufbau des Retabels
Das bemalte Altarretabel setzt sich aus einem Mittelschrein, zwei beweglichen Flügeln und der Predella zusammen. Er hat die Form des Flügelretabels mit Mittelauszug bzw. Stufengiebel. Die vorliegende Form ist typisch für die Werke der Saalfelder Werkstätten (Riemschneider-Hoerner: Thüringer Altarwerkstätten der Spätgotik. -Maschinenschrift - 1930.
Thüringisches Landesamt für Denkmalpflege, Zitat:" der Lehrer Johann Lindes war wohl sicher der Saalfelder Meister des Altares von Schwarza."; dazu weiter - In: Mittelalterliche Bildwerke aus Thüringer Dorfkichen. Zitat: „Der Aufbau der Saalfelder Schnitzaltäre ist für die südthüringische Lage der Stadt charakteristisch: Die großen Flügelaltäre der Erfurter Werkstätten enthalten in vielfigurigen Reliefs Szenen der biblischen Geschichte, die Saalfelder Schnitzer hingegen stellen in ihren Altären einzelne Figuren in einer Reihe nebeneinander auf. Der Reliefaltar erzählt die biblische Geschichte; wie in einem aufgeschlagenen Buche vermag der Beschauer zu lesen - die einzelnen, oft lebensgroßen Heiligenfiguren aber sind Gegenstand kultischer Verehrung.")
. Eine ehemals zugehörige Kreuzigungsgruppe, welche als Mittelaufsatz fungierte, hat sich nicht erhalten (Weber 1929 (wie Anm. 4). S. 211.).

Geschlossener Altar
Die Außenseiten der Wandelflügel sind bemalt. Die Bemalung zeigt das Motiv der Mariä Verkündigung (Lk. 1,26-38). Links ist der Erzengel Gabriel dargestellt, rechts die knieende Jungfrau Maria in ihrem Gemach.

Geöffneter Altar
Der geöffnete Altar zeigt aneinandergereiht sieben plastische Figuren. Der Mittelschrein wird durch zwei vertikale Trennwände, in die Musikanten unter Baldachinen und Fialtürmchen eingearbeitet sind, in drei Bereiche gegliedert ( Eine sehr ähnliche Teilung des Mittelschreines zeigen viele Werke der Saalfelder Werkstätten insbesondere Valentin Lendenstreich's Oberrottenbacher Altar.). Der Mittelschrein zeigt als "Zentralfigur" die Jungfrau Maria mit dem Jesuskind, das einen Apfel hält. Die "Himmelskönigin" Maria steht auf der Mondsichel. Zwei Engel, unterhalb rechts und links halten den Saum des Gewandes, zwei weitere Engel umgeben schwebend Marias gekröntes Haupt. Über Maria und den Assistenzfiguren befinden sich geschnitzte Baldachine, die mit Rankenwerk und Weintrauben verziert sind. Links von Maria steht die Heilige Barbara neben dem Turm; in dessen Fensteröffnung der Sakramentskelch. Rechts von Maria steht die Heilige Katharina mit dem Bruchstück des Rades. Der linke Seitenflügel zeigt die gekrönte Dorothea mit einem Salbengefäß, daneben steht der Apostel Paulus.Im rechten Seitenflügel steht die gekrönte Margareta als Siegerin über den Drachen zu ihren Füßen, sowie den Apostel Petrus. Die Figuren haben eine starre Grundhaltung, lediglich die Häupter sind leicht zueinander eingedreht. Die Faltengestaltung der Gewänder ist mitunter stark Alle Figuren stehen auf maßwerklich verzierten Sockelbänken.
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3. UNTERSUCHUNGEN

Bildträger
Die restauratorischen Untersuchungen am Bildträger stützen sich auf augenscheinlich ablesbare Merkmale, wie Textur, sich markierende Fugen, Risse und Bearbeitungsspuren. Da zur Beantwortung der relevantesten Fragen zum Bildträger (Dazu zählen Fragen die den Herstellungsprozeß des Retabels sowie frühere Veränderungen und Beschädigungen betreffen ebenso, wie Fragestellungen zu den geplanten Restaurierungsmaßnahmen.) naturwissenschaftliche Untersuchungen nicht zwingend notwendig waren, wurde an dieser Stelle auf Holzartenbestimmungen, dendrochronologische- und Strahlungsuntersuchungen verzichtet. In die Untersuchungen zum technologischen Aufbau des Flügelretabels sind zum Teil auch der Mittelschrein und die Predella miteinbezogen worden ((Durch die Untersuchung der ungefaßten Rückseite des Mittelschreines ließen sich eine ganze
Reihe konstruktionstechnologischer Fragen beantworten und so auf die Wandelflügel übertragen.)
. Eine weitergehende Untersuchung (insbesondere zum Zustand) konnte während der im Diplomzeitraum zu leistenden Arbeiten jedoch nicht erfolgen.

Fassung
Entsprechend der Zielstellung, durch genaue und umfassende Untersuchungen den Bestand ursprünglicher Polychromie so zu erfassen, daß durch Vergleiche mit anderen Werken der Werkstatt Johann Linde (Siehe Abschnitt 2.1.) eine spätere Zuschreibung, vor allem im Hinblick auf technologische Besonderheiten untermauert werden kann, wurden die restauratorischen Untersuchungen durch folgende naturwissenschaftliche
Untersuchungen ergänzt:
• Pigmentbestimmung (Röntgenfluoeszensanalyse, mikrochemische Nachweise) (Die Untersuchungen zur Pigmentbestimmung konnten von der FH-Erfurt leider nur in sehr beschränktem Rahmen nicht durchgeführt werden (dabei führte von fünf Proben lediglich eine zum entsprechenden Nachweis).)
• Querschliffe zur Erfassung der Schichtenabfolge
• UV-Fluoreszensfotographie

Tafelbilder
Die restauratorischen Untersuchungen an den Tafelmalereien wurden vor allem durch die wissenschaftliche Spezialfotographie unterstützt. Auf eine Erfassung der Schichtenfolge wurde aufgrund des eingeschränkten Untersuchungsrahmens ebenso verzichtet, wie auf materialidentifizierende Analysen. Die Untersuchungen an den Gemäldetafeln stützen sich auf augenscheinlich ablesbare Merkmale, wie Oberflächenstruktur, farblich Erscheinung und Bearbeitungsspuren, sowie auf die durch die entsprechend strahlungstechnisch und photographisch sichtbar gemachten Aspekte zur Maltechnik und zum Zustand.

Die Untersuchungen erfolgten:
1. mikroskopisch, bei bis zu 50facher Vergrößerung, zum Teil im Streiflicht,
2. unter Anregung durch ultraviolette Strahlung,
3. mit Hilfe von Infrarotstrahlung

Untersuchung der Unterzeichnung mit Hilfe der Infrarotreflektographie
Die Sichtbarmachung von Infrarotstrahlung mittels Infrarotbildwandler wird nach van Asperen de Boer als Infrarot-Reflektographie bezeichnet (Van Asperen de Boer: Infrared Reflecttography - A Contribution to the Examination of Earlier European Paintings.- Amsterdam. Univ. Diss. 1970.). Im Gegensatz zur Infrarotphotographie erfolgt die Sichtbarmachung hier nicht durch ein entsprechend sensibilisiertes Filmmaterial, sondern durch einen elektronischen Bildsensor. Die spektrale Empfindlichkeit des herkömmlichen Fotomateriales endet bei ca. 1100 nm. Elektronische Bildsensoren haben typspezifisch einen weitaus höheren Abbildungsbereich (Vidicon mit Bleiselenid bis 5000 nm) und können damit gerade in den von der herkömmlichen IR-Fotographie nicht erfassbaren Bereichen, interessante Ergebnisse liefern (Mairinger. 1998 (wie Anm.37).).
Die so entstandenen Bilder können mit der entsprechenden Software direkt im PC weiterbearbeitet werden. Die Untersuchungen an den Tafelmalereien des Buchfarter Marienflügelaltares wurden mit einer Infra-Vision 500-HT Kamera, bestückt mit Nikkor 1,4/50 mm durchgeführt.(Hersteller: Firma Hörotron, Ettlingen.)

Untersuchung der Gemäldeoberfläche mit Hilfe der UV-Fluoreszensphotographie
Um den Grad und den Umfang von Veränderungen der Tafelmalereien zu erfassen und zu dokumentieren wurden neben mikroskopischen Untersuchungen vor allem Photoaufnahmen der UV-Fluoreszens angefertigt. Aufgrund chemischer Reaktionen zwischen Bindemitteln und Pigmenten bilden sich im Laufe der Alterung eines Gemäldes fluoreszierende Verbindungen. Da junge Retuschen und Übermalungen noch nicht fluoreszieren, heben sie sich gegenüber älteren Schichten im allgemeinen dunkel ab. Das Original fluoresziert meist in sehr verschiedenen gelbgrünen Tönen.
Die Fluoreszens der Gemäldeoberflächen durch Anregung mittels UV- Strahlung ist in einigen exemplarischen und besonders prägnanten Abbildungen dokumentiert, untersucht worden ist auf diese Weise die gesamte Oberfläche der Bildtafeln. Den gleichen Umfang hatte die Infrarot-reflektographische Untersuchung. Auch hier wurden nur die aussagekräftigsten Abbildungen dokumentiert. Die Ergebnisse der Untersuchungen fließen in den Aussagen zur Zustandsanalyse, der stilkritischen Analyse und der maltechnischen Aspekte ein und sind dort weitestgehend interpretiert.
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4.UNTERSUCHUNGSERGEBNISSE

Nachfolgend sollen die wesentlichsten Untersuchungsergebnisse hier in zusammengefaßter Form aufgeführt werden.

Bildträger
Alle konstruktiven Teile wurden offenbar vom Schreiner vorgefertigt und bestehen aus Nadelholz (vmtl. Tanne). Alle bildschnitzerisch bearbeiteten Teile wurden aus Laubholz (vmtl. Linde) hergestellt. Die Qualität des verwendeten Holzes ist gut. Verarbeitungstechnologische Besonderheiten des Bild- und Fassungsträgers Holz sind nicht erkennbar. Die derzeit verwendete Predella gehört nicht zum ursprünglichen Bestand.

Fassung
Der überkommene Fassungsbestand stellt sich als ein Neben- und Übereinander von hauptsächlich zwei verschiedenen Farbprogrammen dar. Die zeitlich nicht näher zu bestimmende Überfassung nimmt im Wesentlichen auf die ursprüngliche Farbigkeit Bezug. Ihre Ausführung bleibt auf wenige farbige Grundtöne beschränkt und führt damit zu einer starken Versachlichung des Farbkomposits. Sie umfaßt hauptsächlich Bereiche der Flügelkonstruktion und der Figurengewänder, der Inkarnate und Baldachine, nimmt polimentvergoldete Bereiche jedoch aus. Bei der ursprünglichen Fassung handelt es sich um eine typisch spätgotische Farbigkeit, welche geprägt ist vom Wechselspiel zwischen glänzenden und stumpfen Bereichen, ornamentierten und einfarbigen Partien, sowie kalten und warmen Farbakzenten. Im Rahmen der Zielstellung wurden dabei folgende fassungstechnischen Besonderheiten festgestellt:
1. Gewuggelte polimentvergoldete Hintergründe, welche ein modifiziertes Granatapfelmuster darstellen.
2. In Sgraffitotechnik ausgeführte Ornamentierungen von Figurengewändern (weiße Ornamentierung auf silbernem Metall)
3. Musierte Ornamente / Letter auf polimentvergoldeten Gewandbereichen (matt-weiße und matt-rote Ornamentik / Schriftzüge)
4. Applikationen aus geprägtem und mit Metallauflage versehenem Papier auf Gewand- und Architekturbereichen (Sterne und Blüten)
5. Gelüsterte Metallauflagen auf Gewand- und Architekturbereichen (grüne und orange-rote Lüster)
Die Größe und Form der Applikationen, sowie die spezifische Ornamentik der Granatapfelmusterungen kann im Vergleich als ein wichtiges Indiz zur Identifizierung der Werkstatt gelten.

Tafelmalereien
Die Tafelmalereien illustrieren die Verkündigungsszene in einer, für Entstehungszeit und -raum typischen Weise. Stilistische Parallelen zeigt die Darstellung des linken Flügels der Schweinitzer Altares. Im Rahmen der Zielstellung wurde der Untersuchung der Unterzeichnung mit Hilfe der Infrarot-Reflektographie, sowie der Zustandsanalyse durch UV- Fluoreszensphotograhie besonderes Interesse geschenkt.
Dabei wurden folgende Ergebnisse gewonnen:
1. Die Unterzeichnung ist relativ frei angelegt.
2. Bei der Ausführung der Malerei hielt man sich relativ verbindlich an
die Vorgaben der Unterzeichnung.
3. Sie zeigt mehrere Stufen der Ausformulierung von plastischen
Bereichen:
• einzelne, mehr oder minder kurze schwarze Konturlinien,
• schwarze, abwärts laufende Schlangenlinien,
• graue, strichhafte bis flächige Lavuren.
4. Als Zeichengerät wurden vermutlich unterschiedliche Pinsel verwendet.
5. Als Farbmittel wurde vermutlich Tusche verwendet.
6. Der Vergleich mit den Schweinitzer Tafeln zeigt, daß innerhalb der Unterzeichnung keine Parallelen zu den Buchfarter Tafelmalereien bestehen.
Der Tafelmalereibestand ist in weiten Teilen relativ unverändert erhalten.
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Zustand
Die Substanz des Fassungs- und Bildträgers befindet sich in einem guten Zustand. Die konstruktionstechnischen Verbindungen sind intakt und stabil. Verluste treten nur sehr vereinzelt auf und umfassen im Wesentlichen kleine schnitzerische Details der Skulpturen. Schäden am Fassungsbestand treten vor allem als Lockerungen innerhalb intakter Fassungsbereiche auf. Zahlreiche Partien der ursprünglichen und weitestgehend erhaltenen Fassung sind durch Alterungsvorgänge in ihrer optischen Erscheinung verändert. Überfasste Partien zeigen größtenteils eine nur mäßige Ausführungsqualität und sind dem Gesamterscheinungsbild damit abträglich. Die UV-Fluoreszensphotographien zeigen, daß in verschiedenen Bereichen der Malschicht und des Überzuges „Manipulationen" vorgenommen wurden. Ob dadurch der Zustand der Tafelmalereien ausgelöst oder nur forciert wurde, läßt sich nicht abschließend klären. Die Tafelmalereien sind weitestgehend ursprünglich erhalten. Lediglich im Bereich der roten Mantelaußenseite des Engels zeigen sich zuammenhängende Malschichtverluste. Der gesamte Malschichtbestand ist durch Hebungen der Malschicht gefährdet. Als die Hauptschadensursachen an Fassung- und Bildschicht sind die klimatischen Standortbedingungen, sowie die früheren Bearbeitungen herauszustellen. Da die durchgeführten Klimamessungen in der Kirche einen direkten Zusammenhang zwischen dem momentan am Standort herrschenden klimatischen Bedingungen und dem Umfang und der Art der Schadbilder nicht untermauern konnten, muß davon ausgegangen werden, daß die Schäden bereits in früherer Zeit entstanden sind.
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5. MAßNAHMEKONZEPTION

Auf der Grundlage der denkmalpflegerischen Zielstellung, einer Wiederaufstellung des Altarretabels in der Ev. Kirche Buchfart, den Ergebnissen der restauratorisch- naturwissenschaftlichen Untersuchungen und der Diskussion verschiedener Vorgehensweisen wurde folgende Konzeption zur Konservierung und Restaurierung des Altarretabels erarbeitet:

1.Holzsubstanz
• Wiederverleimung abgebrochener und gelockerter Teile
• sachgemäße Montage aller Teile
• Überprüfung von Bändern und Drehlagern auf sichere Funktionstüchtigkeit, ggf. verbessernde Maßnahmen Verzicht auf Ergänzung von Verlusten der Holzsubstanz


2. Fassung

• Festigung /Klebung verlustgefährdeter Fassungsbereiche
• Reinigung der Oberflächen in Bereichen mit ursprüngliche Fassung und
mit zu belassender Überfassung
• Teilweise Abnahme von Überfassungen bzw. Übermalungen in folgenden
Bereichen:
- Inkarnate
- Baldachingewölbe
- Schrein- und Flügelrahmung sowie Schleierbretter (hier Entscheidung nach Probeachse)
• Abnahme fleckiger Retuschen
• Kittung von Fassungsausbrüchen innerhalb intakter Fassungsbereiche
• Retusche der Fehlstellen und ggf. Korrekturen bei Konturen von grob
beschnittenen Übermalungen
• Rekonstruktion der Hinterklebungen des Schleierwerkes nach analogem
Beispiel, vermutl. farbiges Papier


3.Tafelbilder

• Festigung verlustgefährdeter Bildschichtbereiche
• Oberflächenreinigung
• Regenerierung des schadhaften Firnis
• Abnahme der fleckigen Retuschen
• Retusche der Fehlstellen (Methode anhand von Musterflächen anarbeiten)
• Auftrag eines Firnisüberzuges


4.Flankierende Maßnahmen
• Auswertung der bis Ende Oktober 1998 laufenden Messungen des
Innenraumklimas
• Empfehlung eines Pflegevertrages
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6. DURCHGEFÜHRTE MAßNAHMEN

Im Rahmen der Verbringung des Altares in die Atelierräume desThüringischen Landesamtes für Denkmalpflege wurde die Festigung gelockerter Fassungs- und Malschichtbereiche bereits eingeleitet und begleitend zur restauratorischen und naturwissenschaftlichen Untersuchung fortgeführt. Im Rahmen der Diplomphase wurde damit begonnen gelöste Holzverbindungen zu stabilisieren, einzelne Figuren zu reinigen, Inkarnatbereiche freizulegen und Probeflächen an den Schleierbrettern anzulegen, um den weiteren Fortgang der Arbeiten abzustimmen.
Die Maßnahmen werden nach Abschluß der Diplomphase, entsprechend der Maßnahmekonzeption von Diana Grass, im Atelier und vor Ort in der Kirche fortgeführt.
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7. LITERATUR

Buchenrieder, Fritz: gefaßte Bildwerke,
München 1998, Arbeitsheft 40 des Bayrischen Landesamtes für Denkmalpflege
Bußmann, Klaus: Die deutschen, niederländischen und italienischen Tafelbilder bis um 1530,
Münster 1990
Doerner, Max: Malmaterial und seine Verwendung im Bilde,
Stuttgart 1989
Hintzenstern, Herbert v.: Die Marienaltäre in Lippersdorf und Münchenbernsdorf,
Berlin 1963
Hopf, Valentin: Heimatbilder der Vergangenheit aus Saalfeld und Umgegend,
Magdeburg 1911
Kirchbaum, Engelbert: Lexikon der christlichen Ikonographie,
Freiburg 1968
Keller, Hiltgart L.: Reclams Lexikon der Heiligen und der Biblischen Gestalten,
Stuttgart 1979
Kühn, Hermann: Erhaltung und Pflege von Kunstwerken und Antiquitäten,- Band 1,
München 1974
Kühn, Hermann: Möglichkeiten und Grenzen der Untersuchung von Gemälden mit Hilfe
naturwissenschaftlicher Methoden. - In: Maltechnik Restauro 80. München 1974
Mairinger, Franz: Untersuchungen von Kunstwerken mit sichtbaren und unsichtbaren Strahlen,
Wien 1977
Müller, Christoph: Auswirkungen von Kirchenheizungen auf Innenräume und Inventar. In:
Jahrbuch der Bayrischen Denkmalpflege 34, München 1980
Nicolaus, Knut: Du Mont''s Handbuch der Gemäldekunde,
Köln 1979
Sandner, Ingo: Konservierung von Gemälden und Holzskulpturen,
München 1990
Schiessl, Ulrich: Untersuchen und Dokumentieren von bemalten Holzdecken und Täfelungen,
Bern / Stuttgart 1991
Schramm, H. P. / Hering, B. : Historische Malmaterialien und ihre Identifizierung,
Graz 1989
Schwab, E. / Klein, P.: Zum Verständnis des Quell- und SchSchwindverhaltens von Holz und
Holzwerkstoffen. In: Restauratorenblätter Band 10 Wien, 1989
Tångeberg, Peter: Holzskulptur und Altarschrein,
München. 1989
Taubert, Johannes: Farbige Skulpturen. Bedeutung - Fassung - Restaurierung,
München 1978
Unsichtbare Meisterzeichnungen auf dem Malgrund, Ausstellungskatalog und Tagungsband,
Hrsg. Sandner, Ingo
Regensburg 1998
Wagenführ, R. / Scheiber, Ch.: Holzatlas,
Leipzig 1985
Weimarer Heimat. - In: Blätter für Natur, Geschichte und kultur des Landkreises Weimar.
Weimar 1994
Wehlte, Kurt: Werkstoffe und Techniken der Malerei,
Ravensburg 1967
Wilm, E.: Die gotische Holzfigur,
Leipzig 1923
Zeitschrift des Vereins für thüringische Geschichte und Alterskunde, Band 4
Jena 1861


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Ev. Luth. Pfarrkirche Buchfart, Marienflügelaltar,
Diplomarbeit/Kurzfassung
© D. Grass / M. Bruckschlegel
SS 1998